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Die Legende von der Rinderzunge

Veröffentlicht am 23. August 2011 - 07:11h

Auf einer etwas abgelegenen Fazenda, an der paraguayischen Grenze, lebte ein kleiner Junge, dessen Familie sich von einer bescheidenen Landwirtschaft ernährte – der Mann arbeitete tagaus, tagein auf dem Feld, die Mutter führte den Haushalt, und der noch kleine Sohn ging den beiden zur Hand – wie das eben auf dem Land so üblich ist. Eines Abends vereinbarte der Vater mit seiner Frau, dass sie ihm am nächsten Tag, gegen die Mittagszeit, den Jungen mit einer gekochten Rinderzunge aufs Feld schicken solle, die er als Mittagessen zu verspeisen gedachte. Ziemlich lustlos nahm der Junge am nächsten Tag den weiten Weg aufs Feld unter die Füsse – und, um zu rasten, setzte er sich unter einen Baum und begann ein Stück von der Rinderzunge zu kosten – eh er sich’s versah, hatte er sie halb aufgegessen. Als dann sein Vater den kümmerlichen Rest der Zunge sah und ihn zornig zur Rede stellte, fiel dem Jungen nichts besseres ein als sich herauszureden, und er sagte, dass „jener Mann, den seine Mutter zuhause empfangen, die Zunge halb aufgegegessen hätte“.

Der Vater stürmte nach Hause und, ohne zu fragen, rammte er seiner Frau dreimal eine lange Machete in die Brust. Mühsam formte diese ihre letzten Worte, „warum hast du das getan“? – und verstand dann, dass ihr Sohn den Vater angelogen – mit brechender Stimme verfluchte sie ihn: „Fortan sollst du die Zungen aller lebenden Tiere essen müssen und aller Lebewesen, denen du begegnest“ – sprachs und verschied.

Und seither häufen sich die Berichte von Fazendeiros aus Mato Grosso do Sul, die auf ihren Weiden tote Rinder finden, deren Zungen herausgeschnitten wurden.