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Der Mähnenwolf (Lobo Guará) » Seite 2

Veröffentlicht am 15. August 2012 - 13:38h

Ein Versprechen aus Sympathie geboren

Rogério Cunha de Paula

“Mein erster Kontakt mit dem “Lobo-guará“ fand im “Parque Nacional das Emas“, im Bundesstaat Goiás, statt – im Jahr 1997. Gleich danach wurde meine Widmung der Erhaltung dieser Spezies zu einer meiner Lebensaufgaben. Warum? Die Mähnenwölfe sind nicht nur fundamentale Komponenten für die Stabilität der Cerrado-Landschaft, sie sind auch von besonders einnehmendem Wesen und extrem “sympathisch“. Ich habe ihnen ein Versprechen gegeben, das vom Vertrauen motiviert wurde, das einst eine Wölfin in mich gesetzt hat. Das geschah im Jahr 2001, im “Parque Nacional da Serra da Canastra“ – im selben Gebiet, in dem wir heute tätig sind. Diese Wölfin zeigte bereits eine gewisse Toleranz gegenüber der menschlichen Präsenz, und nachdem sie vier “schwarze Welpen“ geboren hatte, erlaubte sie mir, dass ich das Heranwachsen ihrer Jungen aus der Nähe verfolgen durfte, bis sie ausgewachsen waren. Gegen andere Personen verhielt sie sich zwar niemals aggressiv, aber trug ihre Jungen sofort zurück in die Höhle, wenn sich jemand näherte.

Mit mir war das anders. Sie erlaubte mir, ganz nahe an die Höhle heranzukommen, obwohl ihre Jungen vor dem Eingang spielten. Und das löste in mir eine schwer zu beschreibende Sympathie aus – ich interpretierte ihr Verhalten als Geschenk. Und dann engagierte ich mich für den Kampf um zukünftige Lebensräume, gegen die Vorurteile der Menschen und für die Rettung des “Lobo-guará“. Ah – noch etwas zu meinem Erlebnis! Es war das erste Mal, dass ich einen Wurf von vier Jungen des Mähnenwolfs wissenschaftlich beweisen konnte. Bis dato hatte man einen maximale Zahl von drei Jungen pro Wurf angenommen. Zur selben Zeit beobachteten wir am gleichen Ort eine vollkommen atypische Situation: Fünf Wölfe, die als Gruppe agierten, ohne Zwistigkeiten. Dieses Verhalten wurde durch eine Fütterung verschiedener lokaler Bewohner provoziert, in der Absicht, den Tieren etwas Gutes tun zu wollen – und um Touristen anzulocken. Aber wenn diese Spezies eigentlich einzelgängerische Gewohnheiten hat, führt dann ein Leben in der Gruppe und die Toleranz menschlicher Präsenz nicht vielleicht zu Komplikationen in seiner Gesundheit?

Das wollte ich herausfinden – und dazu brauchte ich fast zwei Jahre. Was ich entdeckte, waren Veränderungen am Gebiss, an der Behaarung und vor allem am Verhalten aller Individuen. Diese Wölfe liessen sich durch die Menschen nicht mehr ängstigen – sie drehten die Abfallbehälter um und suchten nach Nahrung in den Händen der Menschen (und waren so einer Gefahr durch Vergiftung und Jagd uneingeschränkt ausgesetzt). Eine Kampagne zur Nichtfütterung wurde in dieser Region eingeleitet – zusammen mit Besitzern von Fazendas, Beamten des Nationalparks, Tour-Guides und Touristen – wir erklärten die nachteiligen Folgen einer unsachgemässen Ernährung für die Wildtiere. Und wir beobachteten positive Reaktionen der Tiere nach dieser Kampagne – die Besuche der Wölfe in den besiedelten Gebieten gingen zurück, ihr natürliches Verhalten war wieder zu erkennen – sie verhielten sich fortan wieder gemäss ihrer scheuen Art. Inzwischen werden sie von niemandem mehr gefüttert und haben ihr normales Leben wieder aufgenommen.

Mein persönlicher Kampf besteht heute aus dem Versuch, die finanziellen Mittel aufzubringen, um ein Grundstück an der Grenze zum Park kaufen und in eine “Reserva Particular do Patrimônio Natural“ (Privates Reservat) verwandeln zu können – ein Gebiet, in dem wir 6 von den 18 mit Sendern ausgerüsteten Tieren unter Beobachtung haben, und das den “Guarás“, die im Park geboren werden, ein bisschen mehr Fläche bester ambientaler Qualität bieten könnte – um dort zu leben oder es als Übergang in geringer besiedelte Gebiete zu benutzen“.

Rogério Cunha de Paula ist Biologe und Forscher des “Centro Nacional para Pesquisa e Conservação dos Predadores Naturais” des “Instituto Brasileiro de Meio Ambiente e Recursos Naturais Renováveis” (Cenap- Ibama) und Mitglied der GNO “Pró-Canívoros”.

Der Mähnenwolf, die Pflanze “Lobeira” und seine Nahrung

Im Unterschied zu den übrigen Arten der Gattung Canidae, bei denen die Nahrungsbasis aus Fleisch besteht, machen Früchte einen bedeutenden Teil seiner Nahrung aus, und er ist anerkannt als ein wichtiger Verteiler von Pflanzensamen. Wie allgemein bekannt ist, gehört die “Lobeira“ oder “Fruta-de-lobo“ (Wolfspflanze – Solanum lycocarpum), Früchte eines im Cerrado sehr häufigen Gesträuchs, zu seinen “Lieblingsgerichten“.

Daneben ernährt sich der Mähnenwolf auch von kleineren Tieren, wie Nagern, Vögeln, Eidechsen, Fröschen und Insekten, inklusive Heuschrecken und Grillen. Und er verschmäht auch verschiedene Arten von Eiern nicht. Ausserdem frisst er auch tote Tiere. Seine Nahrung ist von Natur aus ausgeglichen, und um nicht in dieses Gleichgewicht einzugreifen, empfiehlt es sich, ihn nicht durch Fütterung für Touristen anzulocken.

Er ist ein Einzelgänger, nachtaktiv, wildlebend und scheu. Die ungewöhnliche Länge seiner Beine erleichtert ihm ein Erklettern von Erhebungen und die Ortung von Beutetieren auf grosse Entfernung. Und weil seine Vorderbeine etwas kürzer sind als die hinteren, fällt ihm das Absteigen etwas schwerer – in diesem Fall marschiert er vorzugsweise diagonal zum abfallenden Gelände.

Seine Reproduktion findet einmal pro Jahr statt – die Trächtigkeit währt zwischen 56 und 66 Tagen. Jeder Wurf liegt zwischen einem und fünf Jungen, die zuerst ein graues Fell besitzen, welches sich gradativ mit dem Wachstum verändert, bis es dem braunroten Fell der Eltern gleicht. Die Entwicklung geht relativ rasch vonstatten, wie bei der Mehrheit der Canidae üblich.

Quelle: Terra da Gente/deutsche Bearbeitung Klaus D. Günther